Spiritualität ist in aller Munde – inzwischen auch im Protestantismus. Kaum noch eine Landeskirche, die nicht eine Spiritualitätsbeauftragte oder ein spirituelles Zentrum hätte oder einrichtet. Kaum jemand, der oder die nicht nach so etwas wie spirituelle Dimension sucht oder sie betont. In der Minderheit längst diejenigen, denen das suspekt erscheint und die diese Entwicklung hinterfragen. Was früher katholisch, fernöstlich oder esoterisch anmutete, ist heute in der Mitte der Kirche angekommen. Tatsächlich gibt es einige Erklärungshintergründe für den Spiritualismus-Hype: Die Nüchternheit und Verkopftheit einer reinen Worttheologie ist an ihre Grenzen gekommen. Gesellschaftlich weit verbreiteter Zweckrationalismus und Optimierungswahn lassen nach dem Anderen fragen, nach dem, was trägt auch jenseits oder ergänzend zu Rationalisierung und Funktionalisierung.
Dennoch bleibt für Evangelische ein Stück weit ein Unbehagen, wenn der Trend zur Spiritualität mitunter den Anschein eines Drangs zu Sonderwelten, Abgeschiedenheit, Entrückung oder elitärer Wellness erweckt. War es nicht gerade Martin Luther, dessen Reformationsimpuls wir bald mit einem großen Jubiläum feiern, der darauf hinwies, dass Gottesdienst und Alltag zusammengehören und das Heil eben nicht in einer Trennung von Profanem und Heiligem, sondern in der Gegenwart Gottes in unserer schon und zugleich noch nicht erlösten Alltagswelt, in der Menschlichkeit zu finden ist?
Das Heft erscheint am Beginn des Jahres 2015, das unter der Losung »Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.« (Röm 15,7) steht. Die Jahreslosung weist auf genau diesen Zusammenhang hin, auf den es wohl ankommt: So wie Christus uns angenommen hat, dürfen wir in aller Freiheit des Angenommenen einander annehmen – auch diejenigen, die es uns schwer machen und bei denen es uns schwer erscheint – darin äußert sich das Lob Gottes. Ein wunderbarer Impuls zu evangelischer Spiritualität in der Welt und für die Welt.
Wir nehmen eine Reihe von Praxisimpulsen dazu auf und geben sie Ihnen weiter, bieten zugleich Hintergründe und regen zur Reflexion und Orientierungssuche an. Denn darum geht es in der Gemeindepädagogischen Bildungspraxis: Zum Lobe Gottes die Vielfalt von Lebensdimensionen zu entfalten und Menschen zu neuen Entdeckungen für Leib, Seele und Geist zu verlocken.
*** Inhaltsverzeichnis der Ausgabe ***
Die »Praxis Gemeindepädagogik« kann als Einzelheft sowie im kostengünstigeren Abonnement bestellt werden. Nähere Informationen finden Sie hier.