Andreas Bedenbender
Andreas Bedenbenders luzide Studie unternimmt den Versuch, das Markusevangelium als ein Krisendokument zu verstehen – als poetische Reaktion auf den Jüdischen Krieg, auf die Verheerung Galiläas und die Zerstörung Jerusalems.
Was immer an ungebrochener Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, vor dem Jüdischen Krieg möglich gewesen war, nach dem Untergang Jerusalems war es nicht länger möglich, jedenfalls nicht für den Verfasser des ältesten der drei synoptischen Evangelien. Im Markusevangelium wird darum nicht Theologie getrieben, »als wäre nichts geschehen«, und ebensowenig erkennen wir in ihm das Bemühen, die Spannung zwischen christologisch begründeter Heilsgewißheit auf der einen Seite und der Erfahrung realer Heillosigkeit auf der anderen in einer Synthese aufzuheben. Statt dessen, so die hier vertretene These, ist das Werk darauf angelegt, diese Spannung ohne den mindesten Versuch einer Abmilderung zur Geltung zu bringen und sie so als Aporie zu erweisen.
[Good News on the brink. The Gospel of Mark and the Jewish Wars]
For Judaism, the destruction of the Temple of Jerusalem in 70 CE came as a shock. And a shock it must have been also for the Christians of that time. Already a few generations later the situation had changed, and the fathers of the Church took the fall of the Temple as another proof of the Christian truth. But in the gospels of the New Testament, especially in the Gospel of Mark, we find evidence for just the opposite approach: What had happened in 70 threatened to refute the glad message of the Gospel of Jesus Christ.
The present study demonstrates how the traumatic event of the First Jewish-Roman War shaped the Gospel of Mark. Mark decided to take the passion of Jesus as the focus of his proclamation of the Gospel. Given the cruelty of what happens here to Jesus, this seems to be odd. But it makes sense as soon as we realize that the Markan version of crucifixion of Jesus mirrors what had happened to many Jews during the siege of Jerusalem.
Zum Autor
Andreas Bedenbender, Dr. theol., Jahrgang 1964, studierte Evangelische Theologie. Ein Studienjahr verbrachte er an der Hebrew University of Jerusalem. 2008/2009 wurde er als Alfried Krupp Junior Fellow an das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald berufen, seit 2010 ist er als Pfarrer im Entsendungsdienst der Evangelischen Kirche von Westfalen tätig. Seit 1996 ist er verantwortlicher Redakteur der exegetischen Zeitschrift »Texte und Kontexte«. 2013 habilitierte er sich an der Universität Paderborn. Zu seinen Hauptwerken zählt »Der Gott der Welt tritt auf den Sinai. Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise der frühjüdischen Apokalyptik« (Berlin 2000).