Friedhelm Hartenstein | Michael Moxter
Das biblische Bilderverbot hat in der Geschichte der jüdischen und der christlichen Religion eine wichtige Rolle für die Abgrenzung der eigenen Identität gegenüber den Bilderkulten gespielt und den byzantinischen Bilderstreit ebenso befeuert wie den Bildersturm der Reformationszeit. Was waren die leitenden Intentionen bei der Ablehnung bildlicher Vergegenwärtigungen Gottes? Und wie verträgt sich diese Ablehnung mit der durch den Gedanken der Inkarnation ermöglichten Tradition des Christusbildes als Repräsentation des unsichtbaren Gottes? Welche Abgrenzungen vollziehen die alttestamentlichen Formulierungen des Bilderverbots? Welche Bedeutung hat es in Religionsphilosophie, Ästhetik und Systematischer Theologie und wie stellt sich die Theologie heute zur Nicht-Bildlichkeit Gottes?
Die Annäherungen aus der Sicht eines Exegeten und eines Systematikers sind von der gemeinsamen Überzeugung getragen, dass eine sachgemäße Hermeneutik des Bilderverbots angesichts des iconic turn in Kulturwissenschaft und Theologie und der aktuellen Konflikte um die Bilder ebenso lohnend wie nötig ist.
[Hermeneutics of the Prohibition of Images. Approaches from Exegetical and Systematic-Theological Viewpoints]
In the history of Judaism and Christianity the biblical image ban was a decisive factor for the shaping of a collective identity distancing itself from cults centered around the veneration of images. It inspired the iconoclastic controversy in Byzantium as well as the iconoclasm in the era of the protestant reformation. What were the main intentions to reject any visual representations of God? And how fits this rejection into the tradition of the icon of Christ as a representation of the invisible God? Which distinctions were made exactly by the Old Testament prohibition of images? What is its significance for a philosophy of religion, for aesthetics and systematic theology? How does current theology reflect on non-representational concepts of God? The two different approaches of this essay from Old Testament exegesis and systematic theology share the conviction that an appropriate hermeneutics of the biblical image ban is needed not only in view of the iconic turn in humanities and theology but also rewarding with respect to the present cultural conflicts about images.
Zu den Autoren
Friedhelm Hartenstein, Jahrgang 1960, war von 2002 bis 2010 Professor für Altes Testament und Altorientalische Religionsgeschichte am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg und ist seit 2010 Professor für Altes Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München.
Michael Moxter, Jahrgang 1956, ist seit 1999 Professor für Systematische Theologie mit dem Schwerpunkt Dogmatik am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg, seit 2006 ist er auch für »Religionsphilosophie« zuständig.