Thomas Willi
Gestalt und Gestaltung verbinden sich im Falle des biblischen Esra aufs Engste. Als Lehrer Israels prägt er die Weise, wie sich das jüdische Volk nach seinem Vorbild zum Volk des göttlichen Wortes, der lebendigen Tora, entwickelte.
Über Esra informieren die biblischen Kapitel Esra 7 bis 10 und Nehemia 8. Eine sorgfältige Übertragung des hebräisch-aramäischen Texts leitet über zur Darstellung. Eingestreute Exkurse eröffnen den Blick in die Umwelt des Alten und Neuen Testaments. Die Wirkungsgeschichte konzentriert sich auf das apokalyptische und rabbinische Judentum und auf Beda als großen Ausleger des Mittelalters.
In dem »Doppelbuch« Esra-Nehemia tritt Esra als Gegengewicht zu dem solitär handelnden Nehemia auf. Die Frage nach dem Verhältnis dieser beiden, die Historiker seit langem irritiert, findet eine überraschende Lösung, wenn man die Tatsache ernst nimmt, dass nicht nur die geschilderten Personen, sondern auch das Buch selbst seine Geschichte hat.
[Ezra. The Teacher of Israel]
In the case of the biblical Ezra, form and figuration are closely related. As the teacher of Israel he determines the way in which the Jewish people under his guidance develops into the people of the divine word, the living Torah.
Information about Ezra is found in the biblical chapters of Ezra 7–10 and Nehemiah 8. A careful translation of the Hebrew-Aramaic text is followed by the portrayal of Ezra. Interspersed excursions permit a view of the world of the Old and New Testament. The reception history focuses on the apocalyptic and rabbinical Judaism and on Beda, the great interpreter of the Middle Ages.
In the »double book« of Ezra-Nehemiah Ezra appears as the counterweight to Nehemiah, the solitary actor. The question of the relationship between Ezra and Nehemiah, which has troubled historians for a long time, here finds a surprising solution if we seriously consider the fact that not only the characters described but also the book of Ezra-Nehemiah itself has its own history.
Zum Autor
Thomas Willi, Dr. theol., Jahrgang 1942, studierte Theologie und altorientalische Sprachen in Basel, Paris und Göttingen und war von 1994 an bis zu seiner Emeritierung 2007 Professor für Altes Testament und Judentumskunde an der Universität Greifswald und von 2004 bis 2007 geschäftsführender Direktor des Gustaf-Dalman-Instituts an der dortigen Theologischen Fakultät. Schwerpunkte seiner Arbeit bilden die persische Epoche der Geschichte Israels, die christliche Hebraistik seit der Renaissance mit ihren jüdischen Quellen sowie eine in der Begegnung mit dem Judentum verwurzelte biblische Theologie.