Martin Bauspieß
Der Verfasser des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte gilt häufig als »Historiker« und »Theologe der Heilsgeschichte«. Beide Bezeichnungen werfen allerdings mehr Fragen auf als sie lösen.
Die Untersuchung versucht anhand einer Analyse der Erkenntnismotivik im lukanischen Werk, eine präzisere Verhältnisbestimmung von Theologie und Geschichte vorzunehmen. Zur Vertiefung der Diskussion wird zunächst rekonstruiert, wie der Zusammenhang von Geschichte und Erkenntnis in der Lukasforschung jeweils bestimmt wurde und welches Verständnis der lukanischen Theologie sich damit verbinden konnte.
Im Zentrum der Arbeit stehen exegetische Analysen zentraler Texte des Doppelwerkes, die für die Frage nach Geschichte und Erkenntnis relevant sind. Es zeigt sich, dass Lukas seine Theologie nicht einfach »als Geschichtsschreibung« entwickelt, sondern eine deutliche Unterscheidung voraussetzt zwischen historisch beschreibbarer Wirklichkeit und der dem Glauben eigenen Erkenntnis. Gleichzeitig entwickelt er ein Konzept, das verstehbar macht, wie das in der Vergangenheit liegende Heilsgeschehen in der Gegenwart präsent ist.
Lucide zeichnet Bauspieß diese spezifisch christliche Perspektive auf Geschichte nach und zeigt deren Konsequenzen für die gegenwärtige geschichtshermeneutische Diskussion auf. Er wurde mit dieser Untersuchung im Sommersemester 2011 an der Eberhard Karls Universität Tübingen promoviert.
[History and recognition in Luke-Acts:
An Exegetical Study of a Christian View on History]
The author of the Gospel of Luke and the Acts of the Apostles is often regarded as a »historian« and »theologian of salvation history«. However, both labels raise more questions than they are able to answer.
By analyzing the motif of recognition in Luke-Acts, the study attempts to achieve a more precise definition of the relation between theology and history. Initially, in order to go more deeply into the discussion, Bauspieß reconstructs the connection in historical-critical research on Luke-Acts between recognition and history on the one hand, and the corresponding conceptions of Lukan theology on the other.
In the focal point of the study are exegetical analyses of key texts in Luke-Acts, which are relevant to the question of history and recognition. As a result, it is suggested that Luke does not develop theology »as history«, but assumes a clear distinction between reality that can be described historically and the recognition which is given by faith itself.